Joan Osborne – Songs Of Bob Dylan (2017)

Joan Osborne interpretiert Bob Dylan mit unterschiedlichem Erfolg.

Joan Osborne auf ihren Hit „One Of Us“ aus dem Jahr 1995 zu reduzieren, würde ihr bei weitem nicht gerecht werden. Das bewahrheitete sich bereits beim Longplayer „Relish“, das die erfolgreiche Single und mit „Man In The Long Black Coat“ auch eine Bob Dylan-Komposition enthielt. Es präsentiert nämlich eine engagierte, kreative Künstlerin, die nicht so richtig in eine Schublade passen wollte. Vielleicht verschwand sie deshalb auch wieder aus dem Bewusstsein der Allgemeinheit, obwohl weiterhin erstklassige Arbeiten von ihr abgeliefert wurden. So z.B. mit „How Sweet It Is“ von 2002 eine sehr originelle Platte mit Soul-Cover-Versionen. Und nun wagt sich die im Jahr 1962 in Anchorage, Kentucky, geborene Singer-Songwriterin mit einem ganzen Album an das Werk von Bob Dylan. Die Künstlerin geht dabei das Risiko ein, an eindeutig besetzten Songs eines Giganten zu scheitern. Denn das Vorgehen birgt die Gefahr, entweder in Ehrfurcht zu erstarren oder an der Neuinterpretation zu scheitern, da den Originalen keine neue Sicht vermittelt werden konnte. Beide Fallen umgeht Joan weitestgehend, aber ist das Ergebnis trotzdem befriedigend ausgefallen? Die Lady eröffnet ihre Hommage mit „Tangled Up In Blue“, einem Song, dem Dylan so viel Persönlichkeit eingehaucht hat, dass eine Neudeutung schon deshalb zum Scheitern verurteilt zu sein scheint. Aber Joan passt die Tonlage an ihren Gesangsstil an und kleidet die Melodie in einen geschmeidigen Folk-Jazz, der ein Eigenleben annimmt, ohne sich anzubiedern.

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„Rainy Day Women #12 & 35“ wird dann zum nachtgrauen Blues umfunktioniert und ist zunächst nur am Text zu erkennen. „Buckets Of Rain“ bekommt sowohl Folk- wie auch Ragtime-Zutaten verordnet, was den Titel älter erscheinen lässt, als er ist. „Highway 61 Revisited“ kommt ohne den Wahnsinn des Originals aus und läuft jetzt als zischelnder Folk-Rock-Normalo ab. „Quinn The Eskimo (The Mighty Quinn)“ erhält eine Tönung, die den Song auf FM-Radio-Format zuschneidet, was ihn blass erscheinen lässt. Bei „Tryin To Get To Heaven“, „Dark Eyes“ und „You're Gonna Make Me Lonesome When You Go“ werden die schönen Melodie fein herausgearbeitet und zum Glänzen gebracht. Eine fauchende Orgel verleiht „Spanish Harlem Incident“ einen würdevollen The Band-Sound-Anteil und „High Water“ wird so aufbereitet, dass das Lied wie ein Outtake aus „Relish“ klingt. Es herrscht hier nämlich die gleiche schwüle, geheimnisumwitterte Atmosphäre. Dylans eindringlichstem Protest-Song „Masters Of War“ fehlt leider die Portion Wut, die zur Vertonung des Themas unbedingt dazu gehört. Demgegenüber wird die ländliche Stimmung von „You Ain`t Goin` Nowhere“ bewahrt. Zum Abschluss gibt es ein feierliches „Ring Them Bells“, das zum Piano zelebriert wird, da kann nichts schief gehen. 

Joan Osborne ist eine hochgeschätzte Musikerin mit großem schöpferischem Potential. Bei ihren Dylan-Interpretationen hat sie sich jedoch insgesamt unter Wert verkauft, weil die Bearbeitungen manchmal zu berechenbar und zahm geraten sind. Etwas mehr Mut zur Individualität hätte diesen neuen Versionen sicher besser gestanden.

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