Jim White - Waffles, Triangles & Jesus (2017)
Jim White kultiviert seinen verschrobenen Americana-Sound zu einem
persönlichen Markenzeichen mit Qualitätssiegel.
Religiosität, Heimatverbundenheit, Schuld und Sühne, Liebe und
Beziehungskrisen sowie der Umgang mit den eigenen Unzulänglichkeiten. Diese
Themen treiben Jim White, den geheimnisvollen Southern-Gothik-Songwriter um und
er bettet sie in ein ländliches Soundgeflecht ein, welches ihm die Möglichkeit
bietet, dunkle Stimmungen, Ausgelassenheit und psychische Ausnahmezustände zu
skizzieren. Seine Songs gehen dabei oft über den konventionellen Rahmen eines
Country-, Folk- oder Pop-Schemas hinaus. Er arbeitet mit visionären Motiven und
bietet Klänge an, die bildhafte Vorstellungen auslösen. Das Vehikel dafür
bildet oft ein Einstieg mit vertrauten Tönen und Abfolgen. Diese werden dann
individuell verdreht und geschickt umgelenkt.
Ein Gefühl der totalen Unabhängigkeit wird nach diesem Muster vom mystischen, teils schwebenden, teils ländlich bodenständigen „Drift Away“ eingefangen. Das recht lebhafte „Long Long Day“ taumelt am Ende dem Irrsinn entgegen und hat seine Wurzeln in der irischen Folklore, während „Playing Guitars“ dem Schunkel-Trieb des Hillbilly erlegen ist. Die Ballade „Far Beyond The Spoken World“ drückt nun durch eine weinende Steel-Guitar stilvoll auf die Tränendrüse und zeigt Betroffenheit durch leidenden Falsett-Gesang. Der Country-Rock von „Silver Threads“ bekommt durch variierende Tempi und den aufmunternden Instrumenteneinsatz immer wieder frischen Wind unter die Flügel, so dass die fast sieben Minuten wie im Fluge vergehen. Mit exotischen Beigaben und Jazz-Einschüben ausgestattet, wird „Prisoner's Dilemma“ zu einem pulsierenden Mini-Hörspiel aufgebaut.
Der Gothik-Country-Gospel „Reason To Cry“ deckt nebeneinander nachdenkliche und lebensfrohe Gefühlslagen ab, während der Country-Folk-Jazz „Wash Away A World“ undurchsichtige und verheißungsvoll anziehende Klänge miteinander fusioniert. „E.T. Bass At Last Finds The Woman Of His Dreams“ nimmt Bezug auf traditionelle, gutmütige Country & Western-Hits, bekommt aber durch den Duett-Gesang mit der extravaganten Rockabilly-Queen Holly Golightly einen subversiv-erotischen Anstrich verliehen. Formal ist das Springen zwischen Folk und leichten Jazz-Anspielungen bei „Here I Am“ sehr reizvoll. Der Titel verliert sich allerdings etwas zu sehr in Gleichförmigkeit. Die sinfonische Dichtung „Sweet Bird Of Mystery“ hält dann zum Schluss genau die Balance zwischen Ergriffenheit und Kunstprodukt. Das wird durch asiatische und kammermusikalisch anmutende Töne erreicht, was sehr anregend ausgefallen ist.
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