Verborgene Plattenschätze: Little Village - Little Village (1992)
Little Village ist eine Kollaboration von 4 Ausnahmemusikern und ein Fest für Freunde des gediegenen Songwriting, die einen Sinn fürs perfekte Timing und für überragende Instrumentenbeherrschung ohne Selbstzweck haben.
Hier finden sich 11 Songs, die ohne Ausnahme erstklassig komponiert sind
und feinnervig dargeboten werden. Die Protagonisten sind: Ry Cooder, Saiten-Ass
und musikalischer Vermittler zwischen den Kulturen. Session-Drummer Jim
Keltner, ein Wunder an Präzision und Einfallsreichtum. Er hinterlässt bei allen
seinen Jobs den Eindruck, als würde er schon jahrelang mit den anderen Musikern
zusammenspielen. Singer-Songwriter John Hiatt, der 1981 mit BRING THE FAMILY
seinen kreativen Durchbruch hatte und seitdem ein tolles Album nach dem anderen
herausbringt. Nick Lowe, groß geworden bei den britischen Pub-Rockern BRINSLEY
SCHWARZ, hat er Solo schon etliche hochkarätige Pop-Songs eingespielt.
Den Auftakt macht der heimliche Hit des Albums: "Solar Sex Panel". John Hiatt brilliert in diesem mit unterschwelligem New-Orleans-Funk-Groove versehenem Mid-Tempo-Rocker als druckvoller Lead-Sänger.
Locker übernimmt Ry Cooder bei "The Action" das Mikrofon. Der Song fängt unspektakulär an. Er bietet dann aber noch einen raffinierten Tempowechsel und erinnert daran, mal wieder die genialen Frühwerke des Meisters, wie "Into The Purple Valley" oder "Boomer`s Story" zu hören.
Beim einzigen Fremdtitel ("Inside Job") übernimmt wieder John Hiatt den Gesang. Man weiß gar nicht, was man mehr loben soll, das unglaublich lebendige flexible Getrommel von Jim Keltner oder das hingebungsvolle Gitarren-Solo von Ry Cooder.
Die erste Ballade der CD, "Big Love", wird wieder
von John Hiatt`s mächtiger Stimme getragen. Der Bass von Nick Lowe ist nach vorne
gemischt und gibt dem Song zusätzliche Tiefe. Gefühlvoll und intensiv zugleich
setzt Ry Cooder an der Gitarre wieder einmal
Glanzlichter.
Pop mit Widerhaken: das ist die Spezialität von Nick Lowe. Bei "Take Another Look" kann er zeigen, was er kann. Der Song ist catchy und geschmeidig aufgebaut.
Danach kommt ein Protest-Song der etwas anderen Art: liebliche Karibik-Rhythmen stimmen in eine entspannte Atmosphäre ein. Ein Familienvater berichtet, dass er für 2 Dollar 40 am Tag Plutonium in seiner Bucht verklappt, damit er sich Adidas-Klamotten für seine Kids leisten kann. Er hat keine Chance fort zu gehen und muss den Fisch aus der Gegend essen, von dem er weiß, dass er nicht gesund sein kann. Deshalb fragt er: "Do You Want My Job?"
"Don`t Go Away Mad"
und "Fool Who Knows"
sind weitere Musterbeispiele für Pop-Songs mit Stil und Charakter. Rockabilly-grundiert kommt "She Runs Hot" rüber. Den Gesang teilen sich John, Nick und Ry. Man hört, dass den Musikern die Einspielung Spaß gemacht haben muss.
Die Warnung: "Don`t Think About Her When You`re Trying To Drive" spricht John Hiatt in der 2. Ballade des Albums aus.
Den Abschluss bildet "Don´t Bug Me When I`m Working". Was beim
Opener des Albums noch vorsichtig angedeutet wurde, wird hier ausgelebt. Ein
trockener, monotoner, stampfender Funk ist die Basis des Songs. Ry Cooder und
Jim Keltner setzen Störfeuer. Der Groove vermittelt sumpfige Schwüle, die
Backing-Vocals deuten Chain-Gang-Feeling an. Ein würdiger Abschluss für ein
großartiges, in sich stimmiges Album ohne Durchhänger.
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