Gregg Allman – Live: Back To Macon, GA (2015)

Der Kreis schließt sich. Gregg Allman kehrt an den Ort seines Karrierebeginns zurück.

Gregg Allman zieht Bilanz. In seinen Memoiren, die 2013 unter dem Titel „My Cross To Bear“ erschienen sind und wochenlang auf der Bestseller-Liste der New York Times standen, erzählt er freimütig über den Karriereverlauf der Allman Brothers Band. Auch über den Verlust seines Bruders Duane und des ABB-Bassisten Berry Oakley, die beide nach einem Motorradunfall starben. Genauso wenig lässt er seine lange Alkohol- und Drogenabhängigkeit aus. Im Januar 2014 gab es zu seinen Ehren ein großes Gala-Konzert („All  My Friends: Celebrating The Songs And Voice Of Gregg Allman“). Ebenfalls im Januar 2014 trat der Keyboarder, Komponist und Sänger mit seiner achtköpfigen Begleitband dort auf, wo seine Karriere begann: In Macon im Bundesstaat Georgia.

Greg ist heute 68 Jahre alt und gesundheitlich angeschlagen. 2010 erhielt er eine neue Leber und das Alter und seine Sucht haben deutliche Spuren bei ihm hinterlassen. Entsprechend ist der Sound seiner exzellenten Band nicht auf ihn als Mittelpunkt zugeschnitten, vielmehr ist er nur das Aushängeschild, das von seinen Musikern unterstützt und begleitet wird. Als Lead-Sänger bekommt er dennoch viel Aufmerksamkeit, diese Rolle kann er aber nicht mehr so durchdringend wie zur Blütezeit der Allmans ausfüllen.

Gregg Allman: Gregg Allman Live: Back To Macon, GA, 14.1.2014 (2 ...

Musikalisch wird Wert auf saubere Instrumentenbeherrschung und Improvisationskunst gelegt. Standen früher außergewöhnlich versierte Gitarristen im Mittelpunkt des Geschehens - wobei die Meister Duane Allman, Dickie Betts und Warren Haynes die Messlatte hoch angesetzt hatten - wird dieser Teil aktuell öfter von einem Saxophon übernommen. War der Sound der Allman Brothers Band früher vorwiegend auf eine Blues- und Southern Rock-Basis zugeschnitten, so hört man jetzt häufiger jazzige Strukturen im Rhythm & Blues-Gewand.

Die Gregg Allman Band besteht aus brillanten Individualisten, die exakt und akzentuiert spielen, denen aber als Ensemble die Wucht und das Feuer, die die besten Aufnahmen und Auftritte der Allman Brothers ausmachten, fehlt. Jugendlicher Eifer wird durch Reife, Erfahrung und herausragende instrumentelle Einzelleistungen ersetzt. Bei „Love Like Kerosene“, das vom Gregg Allman Band-Gitarristen Scott Sharrard geschrieben wurde, zeigt die Truppe allerdings, dass sie auch aufbrausend sein kann und präsentiert eine von der Leine gelassene Version. „I`m No Angel“ überzeugt als forscher, mit lebendiger Percussion und frischen Bläsersätzen ausgestatteter Southern Soul. Wilson Picketts „I`ve Found A Love“ wird eindringlich dargeboten und „Midnight Rider“ vom ersten Gregg Allman-Solo Album „Laid Back“ (1973) bewahrt auch hier seine Geschmeidigkeit. Das ABB-Schlachtross „Whipping Post“ hat einen Groove, der an die legendäre New Orleans Funk-Truppe The Meters, aus denen später die Neville Brothers wurden, erinnert. Beim über 11 Minuten langen Abschlusstrack „One Way Out“ wird man dann leider mit einem unsäglich überflüssigen Schlagzeug-Solo gequält. Die Gregg Allman Band bietet aber insgesamt eine gut ausgewogene Show.

Im Vergleich zur aktuellen Gregg Allman Band agierten diese nämlich mit ihren bis zu drei Schlagwerkern und zwei Gitarristen wie ein Vorschlaghammer. So beschreibt Peter Levin, der Keyboarder der Gregg Allman Band auf der DVD zu „Live: Back To Macon, GA” den Unterschied der Musik beider Formationen. Obwohl sie grundsätzlich den gleichen Mix aus Blues, Rock, Jazz und Soul spielen, sind die neuen Versionen bekannter Songs differenzierter, überlegter und musikalisch ausgefeilter. Aber eben nicht so zupackend, stürmisch und aggressiv wie die berühmten und bekannten Vorlagen.

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