Gasmac Gilmore - Begnadet Für Das Schöne (2017)

Die Neuausrichtung der ehemaligen Death-Metal-Musiker von Gasmac Gilmore aus Österreich brachte eine Leidenschaft für Balkan-Pop zutage.
Gasmac Gilmore gingen 2002 aus der Heavy-Metal-Formation Doped Nomad hervor, die seit 1993 die Wiener Hardcore-Szene aufmischte. Die Musiker hatten keine Lust mehr auf reinen Death-Metal und suchten nach alternativen Ausdrucksformen. Unter der neuen Flagge nutzen die Beteiligten ihre bisherigen musikalischen Erfahrungen immer noch für Ausflüge in brachiale Gefilde, sie haben ihre Soundpalette jedoch in mehrere Richtungen ausgeweitet. Um es auf einen einfachen Nenner zu bringen: Balkan-Folklore, Metal-Einschübe, Pop-Besänftigungen und der debile Humor der Erste Allgemeine Verunsicherung sowie das Sendungsbewusstsein von Falco sind die Hauptkomponenten der neuen Lieder. Auch der freche Schlager-Punk der Ärzte ist ab und zu raus zuhören.
Begnadet für das Schöne - Gasmac Gilmore: Amazon.de: Musik
„Fantastisch“ verbindet Balkan-Pop mit selbstbewusstem Gesang, der auch schon mal in einen bösen, wütend-aggressiven Tonfall verfallen kann. Bei „So schön“ wird eine ausgelassene, krachende Polka-Disco-Stimmung erzeugt, die durch kurz zugeschaltetes, heftiges Getöse gestört wird. Slawische Ethno-Klänge und Schwermetall-Ansätze bestimmen bei „Hier kommt die Braut“ das Klangbild. Der Tango „Schokolade“ pendelt zwischen Pop und Rock und für „Valerie“ kommen Polka und schunkelnde Zirkusmusik zum Einsatz. Bei „Es geht mir nicht so gut“ geht es in allen Belangen gemäßigt zu. Die Musik läuft facettenreich ab und der Gesang ist an den nachdenklichen Text angepasst. Hier wird nicht geklotzt, sondern differenziert musiziert. Das fördert elegante Zwischentöne zu Tage, die unter anderen Umständen leicht verloren gehen können. „Pistole im Mund“ hat bissige Polka- und Punk-Momente, versucht aber auch durch eingängige Pop-Passagen zu punkten.
„Manchmal“ ist ein subversiver Walzer und „Lieb dich, Baby“ suhlt sich in derbem, hartem Ska. Griechen-Folk-, Reggae-, Metal- sowie Blasmusik-Zutaten werden dann zum Schluss für „Ich trage nicht Krawatte“ zusammengebracht.

„Begnadet für das Schöne“ scheint unter marketingpolitischen Gesichtspunkten konstruiert worden zu sein: Balkan-Folklore steht für gute Laune und Schwung, Metal-Beimischungen werden verabreicht, um die alten Fans zu binden und durch Pop-Bestandteile sollen neue Käuferschichten erschlossen werden.
Dadurch ist eine Wirkungs-Palette von Pop über Weltmusik bis hin zu Rock abgedeckt. Jetzt braucht nur noch die Werbetrommel gerührt zu werden und fertig ist ein neuer Hype. Solch eine Vorgehensweise kann schnell als bewusst kalkuliert verurteilt und das Ergebnis unter Mainstream-Abzocke abgehakt werden. Aber so einfach ist das hier nicht, denn die Musik weiß durchaus zu gefallen, auch wenn sie öfter grobschlächtig umgesetzt ist. Der Reiz nicht in einem erlebnisreichen Kunstanspruch, sondern der ausgelebte Spaß überträgt sich diekt auf den Hörer, ob man das nun will oder nicht. Kompositorisch ist noch reichlich Luft nach oben, aber zumindest „Es geht mir nicht so gut“ und „Manchmal“ deuten an, dass Potential vorhanden wäre, auch seriöse Songs zu verfassen. Wenn das dann überhaupt beabsichtigt wird.

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