Overcoats - Young (2017)

Das Konzept, Folk und Electronics zu kombinieren ist nicht neu. Mit dem richtigen Songmaterial vermag es aber immer wieder zu gefallen.
Das Frauenduo Overcoats aus New York geht musikalisch einen interessanten Weg. Zum einen lassen sie ein Faible für wohlklingenden, hymnischen Folk anklingen, zum anderen zeigen sie sich auch gegenüber elektronischen Sounds aufgeschlossen. Das führt dann zu Songs, die liebliche wie auch mechanische Bestandteile enthalten, wodurch ein Reizklima erzeugt werden kann. Als Ouvertüre dient das kurze „Father“. A cappella-Stimmen, denen Hall und rumorende Background-Geräusche zugeordnet wurden, geben Rätsel auf und bauen Spannung auf, wie es wohl weitergehen mag. „Smaller Than My Mother“ lässt zunächst aufgrund der männlichen, durch Vocoder veränderten Stimme vermuten, dass sich versehentlich ein Track von James Blake dazwischen gemogelt hat. Aber die Damen lösen durch ihren reizenden Duett-Gesang das Missverständnis auf. Der Track bleibt jedoch elektronisch bestimmt und fällt durch wummernde Beats, leicht verfremdeten Gesang und House-Music-Effekten auf.
Overcoats: Young (Kritik & Stream) - Musikexpress
Folk im modernen Elektro-Pop-Gewand bietet „23“.

Echoartig wiederholte Passagen, pulsierende, tanzbare Rhythmen und kraftvoller Gesang kennzeichnen „Leave The Light On“. „Hold Me Close“ gibt sich zunächst als lupenreine Ballade aus. Der Takt wird dann im Hintergrund agiler, wodurch sich die Ladies mit ihren bedächtigen Stimmen jedoch nicht von ihrer gemächlichen Linie ablenken lassen. Unheimlich klingende Loops erzeugen bei „The Fog“ eine mysteriöse Stimmung und der kühle, distanzierte Gesang unterstützt diesen Eindruck. „Walk On“ befindet sich beinahe im Schwebezustand und wird dabei von ausgewogenem Gesang getragen. Die Ballade ist harmonisch-süß, ohne zu kleben, da die Rhythmik für Unruhe sorgt. „Little Memory“ kann die entspannte Lieblichkeit von Boy-Songs aufweisen, bleibt aber auch gleichzeitig reserviert und rätselhaft. „Siren“ weist gemäßigte, klatschende Industrial-Beats auf, die von den Frauen durch ihre klaren, wohlklingenden Stimmen im Zaum gehalten werden.
„Nighttime Hunger“ klingt nach dem Elektro-Pop von Lana Del Rey („Summertime Sadness“) und bei „Kai`s Song“ beschränken sich die Folktronic-Effekte weitgehend auf den Drum-Rhythmus. Ansonsten handelt es sich um einen recht konventionellen Folk-Pop mit leichter, eingängiger Melodie. Den Anfang des Songreigens machte „Father“, den Ausklang bildet deswegen logischerweise „Mother“. Dieses elegische Beinahe-A-cappella-Stück strahlt Ruhe und Ehrfurcht aus.
Hana Elion und JJ Mitchell liefern ein Debut-Album ab, das sich mit dem erwachsen werden beschäftigt. Anfangs kommen die Lieder sehr ideenreich rüber, aber gegen Ende werden sie etwas flacher. Die Platte ist insgesamt jedoch recht homogen geraten, aber Songs wie „Nighttime Hunger“ oder „Kai`s Song“ wirken beliebig und lassen das Interesse sinken. Aber das ist nur ein kleiner Makel, denn für ein Erstlingswerk ist die Ausbeute an guten Songs sehr ordentlich.

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