Blackberries - Greenwich Mean Time (2016)

Psychedelische Retro-Sounds aus der deutschen Provinz. Die Blackberries sind vielleicht die Vorreiter eines neuen Trends mit alten Vorlagen.
Seit 2008 hat sich für die Blackberries aus Solingen ihre musikalische Sicht verschoben. Damals brachten sie eine EP und 2012 dann ein volles Album raus. Erfahrungen aus Studium, Ausbildung und Beruf flossen in das Gefüge ein und führten zu Veränderungen. Mit den neuen Perspektiven im Gepäck entstand nun das zweite Album. Die prägenden Bands der 60er-Jahre, Krautrock und psychedelische Musik haben dabei Spuren hinterlassen und das Klangbild beeinflusst.
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„Things Change“ macht das schon im Titel deutlich, schlägt aber musikalisch noch eine Brücke zu den ehemaligen Brit-Pop-Vorlieben. Der Track wartet mit schwelgenden Gefühlen auf, hat gehetzte sowie in sich gekehrte Momente und verbindet Melodie mit Improvisation. Das Lied gibt quasi einen Überblick über das Machbare und neu Erlernte. „Kasbah“ ist dagegen leichter, psychedelischer Pop, der sich aber nicht in Spielereien verliert, sondern Bodenhaftung bewahrt. „Flowers Paint The Sky“ hat Augenblicke des romantischen Sunshine-Pop verinnerlicht und beinhaltet auch forsche Passagen sowie ausgedehnte Instrumentaleinlagen. Der Gesang bleibt trotz Tempo- und Stimmungswechsel stets gefasst und ruhig fließend.

„Mrs. Lavande“ stellt den eingängigen Pop-Aspekt zunächst in den Vordergrund, findet aber noch Gelegenheit für ein Gitarren-Solo, das den freigeistigen Hippie-Gedanken ins Spiel bringt.
„Slow Down“ bemüht sich um Lässigkeit, ist aber nicht ganz so entspannt wie der Titel vermuten lässt. „Demons“ wird als Gitarren-Rocker eingeleitet und wechselt später in den Balladen-Modus. Anfangs wird durch Hall auf der Stimme eine geheimnisvolle Spannung erzeugt, danach folgen luftigere Elemente. Nach 3 Minuten setzt ein instrumentaler Improvisationsteil ein, der erst unstrukturiert anfängt, aber zunehmend kompakter abläuft. Mellotron beladenen, Piano getriebenen, von E-Gitarren zerrissenen Pop-Rock zwischen Hoffnung und Melancholie gibt es bei „Sad Days“ zu hören. Country Rock-Themen wehen vorbei, bevor das elfeinhalbminütige „My Love Still Shines“ in einen längeren Westcoast-Rock-Jam verzweigt. Dieser geht dann in einen ruhigen, mit Mantra-artigem Gesang durchzogenen Teil über, bevor alle Dämme brechen. Der Track bekommt freie Drum-Sequenzen verpasst und zum Abschluss geht er in ein rockiges Segment über.
Sänger und Gitarrist Julian stimmt seine Verse mit gleichmütiger Stimme an und bildet somit das Schmiermittel zwischen Harmonie und Experiment. Der im weitesten Sinn als Psychedelic-Rock zu bezeichnende Sound hat genügend Pop-Verständnis, um sich nicht vollständig in streunenden Instrumenten-Exkursionen zu verlieren. Das Quartett öffnet eine Wundertüte an blumigen und rauschhaften Tönen, die eine Rückbesinnung auf die 60er-Jahre erlauben, aber auch aktuelle alternative Rock- und Pop-Muster einbeziehen. Das ist ein Klangbild, das ausbaufähig ist und von der Band aufmerksam angegangen wird.

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