Seek Irony - Tech N´ Roll (2016)

Ist „Tech N`Roll“ die eierlegende Wollmilchsau der Rockmusik?
Seek Irony kommen ursprünglich aus Tel Aviv in Israel, leben und arbeiten jetzt aber in der brodelnden Musik-Metropole Austin in Texas. Das Quartett hat ein cleveres Konzept ersonnen, welches seine auf den ersten Blick aufrührerische Musik so geschickt verpackt, dass es damit ein breites Publikum anspricht. Es werden dabei etablierte Musikformen verarbeitet, die von Fans unterschiedlicher Lager wie Indie-Rock, Metal, House oder Dance-Pop akzeptiert werden können. Multi-Entertainment ist also das Zauberwort auf einem Terrain, auf dem sich etliche junge Bands tummeln. Wie werden nun verschiedene, erfolgversprechende Faktoren unter eine Decke gebracht, die eigentlich in Konkurrenz zueinander stehen? Es muss unbedingt das Gefühl vermittelt werden, dass grade das nächste heiße Ding erlebt wird und die Bestandteile sollten so miteinander verrührt werden, dass die Inhaltsstoffe erkennbar bleiben, das Ergebnis aber einen frischen Glanz bekommt. „She“ ist dafür ein Musterbeispiel und benutzt alle oben angesprochenen Stile in einer homogenen Verbindung.
Seek Irony - Tech N'Roll | Time For Metal - Das Metal Magazin
Bei „Tech N' Roll“ wird davon gesprochen, dass Rock & Roll und Techno eine perfekte Verbindung darstellen. Diese Aussage gibt auch die Richtung des Stückes vor. Als stupide Anmache mit stumpfem Animier-Gehabe fällt das treibende „Devil In Me“ auf. Fetzen des ZZ Top-Synthesizer-Blues Rocks treffen auf eine grobmotorische Mainstream-Indie-Rock-Wirkung, wie sie auch von Nickelback angeboten wird. Eine gehörige Portion von einfach gestricktem, schwermetallischem Stadion-Rock heizt dann das mit elektronischen Mätzchen angereichte „Skin2Skin“ an.
„When You Lie“ spielt mit Pop-Zitaten, was den Metal-Touch abmildert und bei „Running Towards The End Of The World“ sorgen Stumpf-Disco-Takte dafür, dass der Indie-Rock auf die Tanzfläche gebracht wird. Melodische Einwürfe sorgen neben den harten Rhythmen für zugängliche Momente. In der 80er-Jahren sorgte die alternative britische Funk-Rock-Band Gang Of Four mit ihren eckigen, provokativen Songs für Furore. Es scheint, als hätten die Musiker von Seek Irony auch davon gehört, denn „Low“ enthält Versatzstücke dieses Sounds. Gespielte Aggressivität trifft bei „Peel Me Away“ auf Indie-Rock mit House-artigen wechselnden Temposprüngen. Wütender Gesang wechselt sich bei „Ravelution Push“ mit beschwörenden Passagen ab. Instrumentell werden hektisch-nervöse, dunkle Indie-Rock-Sequenzen sowie breitbrüstige, abgehackte Metal-Abläufe eingesetzt. „Tragically Driven“ enthält Metal und Singalong-Pop zu gleichen Anteilen und zum Abschluss gibt es mit „Head Above The Water“ noch eine besonnene, epische Ballade.
Seek Irony bedienen in etwa das gleiche Käufersegment wie Siamese. Grob kategorisiert bedeutet das, dass Mainstream-Post-Grunge und Acid-House-Rock mit ein wenig Industrial-Sound vermengt werden. Ab und zu nimmt der Gesang als Kontrast dazu auch mal poppige Züge an. Diese Mischung wird als Allzweckwaffe benutzt, ist aber selten zielführend, weil dadurch keine neuen Klangerlebnisse erzeugt werden. Die Aufmerksamkeit für die Musik hält nicht lange an, denn die verwendeten Muster sind hinlänglich bekannt und können deshalb nicht über einen längeren Zeitraum für Spannung sorgen.

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