Pumarosa - The Witch (2017)

Die Epen von Pumarosa sind leider nicht immer so spannend wie das großartige „Priestess“.
Pumarosa ist ein Quintett aus London, bestehend aus Isabel Munoz-Newsome (Gesang), Neville James (Gitarre), Henry Brown (Bass), Tomoya Suzuki (Keyboards, Saxofon) und Nicholas Owen (Schlagzeug). Über Folk, Heavy Metal und Electro-Pop fanden die Musiker zu einem Sound, den sie als „Industrial Spiritual“ bezeichnen. Ende 2015 brachten sie den Song „Priestess“ raus, der trotz seiner Länge von über sieben Minuten in der Independent-Rock-Szene ein Hit wurde und der Gruppe überregionale Beachtung verschaffte. Nach insgesamt drei Singles und einer EP erscheint jetzt der unter der Leitung von Produzent Dan Carey (Django DjangoKate Tempest) eingespielte erste Longplayer „The Witch“. Dessen Aufnahmen sollen unter anregenden, straffen Bedingungen nebst Zeitdruck stattgefunden haben.
The Witch - Pumarosa: Amazon.de: Musik
Wenn sich Strömungen in der Pop-Musik wiederholen, dann entsprechen Pumarosa in etwa einer Wiederbelebung des Sounds von Siouxsie & The Banshees aus den 1980er und 1990er Jahren. So wie diese damals wegbereitende New Wave-Band operieren auch die englischen Musiker mit schaumigen Schwebeklängen, hellen, spitzen, stechend-dröhnenden Gitarrenläufen, asexuellem Girl-Gesang zwischen Hysterie, Zorn und Sanftmut sowie hypnotisch-stupiden Rhythmusteppichen mit exotischen Seitensprüngen.
„Dragonfly“ entführt über den Einsatz von Schwebeklängen in ein märchen- und rauschhaftes und zugleich mechanisches Wave-Pop-Universum, dass es so heute gar nicht mehr oft gibt. Bei „Honey“ ringen nervös-gehetzte und verzweifelt-ängstliche Gefühle in einem fiebrigen Post-Rock miteinander. Das Lied „The Witch“ versucht zu beschwören und zu betören, schleppt sich aber letztlich doch zu zäh über die sechseinhalb Minuten dahin. Der Überraschungserfolg „Priestess“ ist hier auch noch mal vertreten und hat zu Recht Aufmerksamkeit erregt. Gegen den Sog des abgestuften, hypnotischen Groove, der durch trötende Saxophon-Fanfaren bereichert wird, gibt es kaum ein Entrinnen.
Das dramatisch-bedrückende „Lions` Den“ übertreibt es mit dem Weltschmerz und verliert sich in jammervollen, gequälten Verstimmungen. „My Gruesome Loving Friend“ baut unbedarfte, unschuldige leicht verschämte Fröhlichkeit auf, bleibt gesanglich jedoch größtenteils bedeckt, so dass sich die angedeutete Ausgelassenheit nicht durchsetzen kann. „Red“ schwingt sich wellenartig vom Schatten zum Licht und zurück. Der Rhythmus übernimmt Funk-Elemente und die Stimme wirkt zeitweise elfengleich entrückt, bevor das Stück in einen Schwebe-Modus fällt. Hier wird klar, was die Band unter „Industrial Spiritual“ versteht, nämlich die Paarung von Elegie mit gleichförmigen Takten. Auch „Barefoot“ folgt diesem Schema. Das dominante, pulsierende, jazzige Schlagzeug gibt für „Hollywood“ den aufreizenden Takt vor. Der bedächtige Gesang von Isabel Munoz-Newsome lehnt sich der aufgekratzten Stimmung mit teils langgezogenen Tönen entgegen. „Snake“ knüpft an den Underground-Disco-Sound von „Priestess“ an und kann sich dadurch von den depressiven Schattierungen absetzen.
Der Druck bei den Studiosessions hat sich insgesamt wohl nicht unbedingt förderlich auf den Entwicklungsprozess der Kompositionen ausgewirkt. Einige Lieder machen einen unausgegorenen Eindruck und werden unnötig in die Länge gezogen. Hätten die Musiker auf das entwicklungsfähige Konzept von „Priestess“ gesetzt und mehr Zeit und Mühe auf swingend-groovende Untermalungen gelegt, wäre „The Witch“ wahrscheinlich in Summe eine positivere Erscheinung geworden.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Waiting For Louise - Rain Meditation

Jahresbestenliste 2023

Lesestoff: Pop steht Kopf