Colt Silvers - Swords (2016)

Pop aus Frankreich kann prickelnd wie Champagner, aber auch abgestanden wie Leitungswasser munden. Colt Silvers klingen wie eine gepanschte Mischung aus beidem.
Elektronische Pop-Musik aus Frankreich scheint auf dem Vormarsch zu sein. Daft Punk und Air haben sich schon lange auch international einen guten Namen gemacht. Wir haben in letzter Zeit ab und an bereits über interessante Künstler wie StarwalkerJeanne Added und Nôze sowie über noch nicht so überzeugende Musik von Rone und Talisco aus unserem Nachbarland berichtet. Aktuell präsentiert das Trio Colt Silvers aus Straßburg mit „Swords“ sein drittes Album und es ist recht uneinheitlich ausgefallen.
Words Are Swords - Colt Silvers - YouTube
„Words Are Swords“ setzt auf maschinenartige Rhythmen und mantraartige Textwiederholungen, die an Kraftwerk erinnern. Diese Referenzen wurden salopp in einen jugendlichen Dance-Pop-Mantel eingebettet.

„The Sound“ schwimmt auf einer luftig-leichten Dance-Pop-Welle, mit der sich Mädchenherzen erobern lassen. Es gibt auch Querverweise zum Synthesizer-Pop der 80er-Jahre: Bei „2 Hearts“ kommen Erinnerungen an New Romantic-Bands wie Visage oder Ultravox auf. Aus der Ferne erschallen noch Frequenzen von David Bowies „China Girl“ und „Yours“ lässt an Spandau Ballett oder Haircut 100 denken.
Eher unter Nonsens als unter Pop ist „Cassiopeia“ einzuordnen, denn der Titel leidet unter Effekthascherei. Das instrumentale „Wakizashi“ bringt ein wenig fernöstliche Stimmung ein, verliert sich aber im Suchen nach einem Groove, den es hier nicht gibt. „EZU“ macht auf Ballade, wirkt aber oberflächlich, platt und nichtssagend. „Constellations“ wird auch langsam vorgetragen, soll gefühlvoll und transparent rüberkommen, scheitert aber an seiner sterilen Künstlichkeit. „Empire“ macht dagegen einen quirligen Eindruck, ist rhythmisch flexibel und überrascht mit einem angedeuteten Motown-Sound-Groove.
Für „Foremost Of The Westerners“ wird ein Orchester ins Rennen geschickt, das Minimal-Art-Strukturen unterstützt. Der Dynamikaufbau verläuft langsam und das Lied zeigt sich atmosphärisch anpassungsfähig. Löblich ist, dass der Titel aufgrund seiner Komplexität nicht auf Chart-Notierungen schielt. Auch „Devil In Africa“ profitiert von der Orchesterbegleitung. Der Track wirkt dramatisch und mystisch, bevor er in einen albernen Kontext überführt wird und ein stupider Mainstream-Pop-Takt den Ablauf ruiniert.
Die Musiker von Colt Silvers versuchen, den Rahmen des Elektro-Pop für sich neu abzustecken. Dabei scheitern sie häufig an der Balance zwischen Charts-Pop und künstlerischem Anspruch. Gute Ideen werden verwässert („Devil In Africa“) oder es wird von vornherein auf ein stimmiges Songgerüst verzichtet („Cassiopeia“). Intelligente Kompositionen wie das spannende „Foremost Of The Westerners“ oder das belebende „Empire“ zeigen aber, dass durchaus Potential in der Band steckt.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Waiting For Louise - Rain Meditation

Jahresbestenliste 2023

Lesestoff: Pop steht Kopf