John Prine - For Better, Or Worse (2016)

Das Songwriter-Urgestein geht dieses Mal auf Nummer sicher und wiederholt das Konzept seines 1999er Erfolgsalbum „In Spite Of Ourselves“.
John Prine ist seit den 70er-Jahren ein bedeutender US-amerikanischer Songwriter, der hinsichtlich seines Einflusses durchaus in einem Atemzug mit Randy Newman („Sail Away“), Kris Kristofferson („Me And Bobby McGee“), Guy Clark („Desperados Waiting For A Train“) oder Jerry Jeff Walker („Mr. Bojangles“) genannt werden kann. Einige seiner Songs haben Evergreen-Status - wie „Angel From Montgomery“ über die Lebenskrise einer Frau, „Sam Stone“, das Portrait eines drogenabhängigen Vietnam-Veteranen, oder „Paradise“, bei dem es um Umweltschäden geht, die durch Kohleabbau entstehen. Nachdem John wegen Kehlkopfkrebs operiert werden musste und ihm danach das Singen schwerfiel, initiierte er 1999 das Werk „In Spite Of Ourselves“, das weibliche Gesangspartnerinnen zur Entlastung präsentierte und eine Verbeugung vor der Country-Musik ist. Das Album brachte eine Grammy-Nominierung ein, was alleine schon ein Grund ist, das Erfolgsrezept zu wiederholen. „For Better, Or Worse“ versammelt nun fünfzehn Lieder, die mit einer Ausnahme wieder durch Frauengesang verstärkt werden.
John Prine: For Better, Or Worse (CD) – jpc
John Prine pflegt einen gemütlichen, knarzigen, ländlichen Stil, den er mit unaufdringlichem, einfachem Gesang ohne Eskapaden und stimmliche Höchstleistungen garniert. Seine Kompositionen transportieren den trockenen, ehrlichen Charme eines unaufdringlichen Geschichtenerzählers. Witz und eine treffende Beobachtungsgabe für die Probleme des kleinen Mannes zeichnen seine Lieder aus. Beim flüchtigen Hören kann aufgrund der Schlichtheit der Arrangements eventuell ein biederer Eindruck entstehen, in der Regel handelt sich aber um Country-Folk-Feinkost, die in Ruhe genossen werden will.
Das neue Album vermittelt allerdings nicht unbedingt eine Tendenz zum intim-fragilen, kauzig-sperrigen Song, sondern frönt eher dem eingängigen, leicht konsumierbaren Liedgut im langsamen Tempo oder schmückt sich mit traditionellen, robusten Western-Swing-Nummern wie „Who’s Gonna Take The Garbage Out“ mit Iris Dement, „I’m Tellin‘ You“ mit Holly Williams oder „Dim Lights, Thick Smoke, And Loud, Loud Music“ mit Amanda Shires. Es werden leider auch abgedroschene Gassenhauer wie „Falling In Love Again“ (mit Alison Krauss, im Original von Marlene Dietrich) oder „My Happiness“ (mit Fiona Prine, ursprünglich von Connie Francis) nicht ausgespart. Wohl hauptsächlich, um den Wiedererkennungswert zu erhöhen. Dann kann die Grenze zum Schmalz schon mal angerissen oder sogar überschritten werden. Das gilt grundsätzlich auch für „Look At Us“ mit Morgane Stapleton und „Fifteen Years Ago“ mit Lee Ann Womack.
„Remember Me (When Candlelights Are Gleaming)“ mit Kathy Mattea und „Color Of The Blues“ mit Susan Tedeschi zeigen jedoch, dass es auch anders und überzeugender geht. Die Interpretationen verströmen die Weisheit und Abgeklärtheit der Johnny Cash-Balladen aus der American Recordings-Reihe, die von Rick Rubin produziert wurde. Wahrscheinlich wäre der Mann auch genau der richtige Betreuer für „For Better, Or Worse“ gewesen, um die Kernkompetenzen von John Prine deutlicher herauszustellen. Etwas mehr gediegene Knarzigkeit und schlurfige Behäbigkeit, dafür weniger süßliche Puderzuckerbestreuung hätten dem Gesamteindruck gutgetan. So ist das Ganze zwar eine solide Country-Pop-Angelegenheit geworden, die nebenbei gut durchgehört werden kann, aber kaum bleibende Spuren hinterlässt.

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