Public Service Broadcasting - Live At Brixton (2016)

Das Multi-Media-Ereignis der „The Race For Space“-Tour von Public Service Broadcasting gibt es jetzt in Ton und Bild zum Nacherleben.
The Race For Space“, das zweite Album des Duos J. Willgoose, Esq. (Saiteninstrumente, Samples und Electronics) und Wrigglesworth (Drums, Keyboards) aus London, war quasi ein Konzeptalbum über den Wettlauf ins All, der in den 60er-Jahren zwischen der Sowjetunion und den USA stattfand. Public Service Broadcasting haben wichtige Stationen markiert und musikalisch sowie mit Originalzitaten zum Thema untermalt. Dabei werden nicht nur Triumphe, wie der erste Satellit im All („Sputnik“) oder der erste Mensch im Weltraum („Gagarin“), aufgegriffen. Es wird auch an die Rückschritte und Tragödien, wie den für drei Astronauten tödlichen Unfall bei den Tests zu Apollo 1 („Fire In The Cockpit“) erinnert.
Public Service Broadcasting: Live At Brixton 2015 (1 CD und 1 DVD ...
Mit diesem Konzept in der Hinterhand wurde 2015 die anstehende Tournee geplant und am 29. November das Konzert in der ausverkauften Brixton Academy in London mitgeschnitten. Als Verstärkung zum üblichen elektronischen Equipment und einer Bass-, Schlagzeug- und E-Gitarrenbegleitung gab es noch einen dreizehnköpfigen Chor, fünf Streicher und eine Bläser-Fraktion. Für „Valentina“ kam dann noch das Folk-Blues-Duo Smoke Fairies als engelsgleiche Gesangsbereicherung auf die Bühne.
Der Entwurf des Musikkonzeptes hat Ähnlichkeit mit den Aufführungen, die sich die deutschen Elektroniker von Tangerine Dream um Edgar Froese Mitte der 70er-Jahre ausdachten. Space Sounds, psychedelische Synthesizer-Klänge, eine monoton-hypnotische Rhythmusarbeit, energische Gitarren-Soli, exotische Beigaben wie Tänzer, zwei Video-Bildschirme, Licht- und Pyrotechnik sowie eingespielte Wort-Beiträge zum Thema Raumfahrt und Geschichte machen heute einen Großteil der Show von Public Service Broadcasting aus. Alle neun Titel von „The Race For Space“ wurden in das Bühnenprogramm eingebaut und bilden deshalb den Rahmen der Veranstaltung. Allerdings sind sie verstreut und in anderer Reihenfolge als beim Studio-Album angeordnet worden.
Neben von „Weltraum-Klängen“ und nebligen Progressive- oder Psychedelic-Rock-Anteilen beherrschten Kompositionen („Tomorrow“, „Everest“) gibt es auch handfesten, punkigen Alternative-Rock („Signal 30“), monoton-rhythmischen Krautrock („The Other Side“), der auch schon mal mit Banjo-Begleitung verfremdet wird („Theme From PSB“, „London Can Take It“), Bläser-verstärkten alternativen Electro-Jazz- und Funk-Rock („Korolev“, „E.V.A.“, „Gagarin“), sowohl atmosphärischen wie auch rhythmischen Electro-Pop („Sputnik“, „If War Should Come“) oder New Wave-Disco („Spitfire“, „Go!“) zu hören.

Die Multi-Media-Kombination von Musik, Text und visueller Unterstützung ergibt eine Dimension, die einem Hörspiel gleicht. Allerdings fehlt bei der Darstellung der Themen der rote Faden. Jeder Beitrag ist ein gesondertes Kapitel, das nicht unbedingt auf dem Vorhergehenden aufbaut. Das ist aber nicht störend, sondern trägt eher zur Abwechslung bei. Selten stellt sich dabei Richtungslosigkeit („Lit Up“, „Night Mail“) oder ein unspezifischer Kuschel-Sound („Valentina“) ein. Meistens wird dies durch Dynamikänderung oder das Hinzuziehen von Rhythmus-Elementen verhindert. Dadurch erreichen die Musiker ein Hörerlebnis, das alte und neue Electronic-Sound-Hörmuster einbezieht. Pink Floyd klingen dabei genauso durch wie Kraftwerk, „My Life In The Bush Of Ghosts“ von David Byrne & Brian Eno oder Stereolab. Die Musiker möchten Ereignisse der Vergangenheit mit Hilfe ihrer Musik und Inszenierung zurück ins Bewusstsein holen. Das Konzept der Londoner ist grundsätzlich unterhaltsam, ob es sich aber mittel- und langfristig ausbauen lässt, bleibt abzuwarten. Damit auch der optische Eindruck der Show übermittelt werden kann, gibt es das Konzert mit beiliegender DVD, die auch eine Audio-Kommentar-Spur der Musiker enthält.

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