Japanese Breakfast - Soft Sounds From Another Planet (2017)

Michelle Zauner entwirft Electro-Pop mit vielfältigen Arrangement-Ideen auf der Schwelle vom Mainstream-Pop zur Pop-Kunst. Das scheint noch ausbaufähig zu sein.
„Soft Sounds From Another Planet“ ist nach „Psychopomp“ aus dem Vorjahr die zweite Songsammlung von Michelle Zauner aus Philadelphia. Michelle gehört eigentlich der Indie-Rock-Band Little Big League an. Während einer Bandpause legte sie sich jedoch ab 2013 noch das zweite Standbein Japanese Breakfast zu. Die neue Platte läuft grundsätzlich so ab, dass jeder Song mit leicht abgewandelten Mustern gegenüber den Vorgängern ausgestattet wird. Die Unterschiede zu Standard-Electro-Pop-Produkten stecken dabei im Detail: Michelles jugendlicher, heller Gesang bildet den Dreh- und Angelpunkt und somit das Führungswerkzeug der Musik. Die Songs werden mal spacig-sphärisch, mal sakral-nachdenklich und mal poppig-tanzbar ausgekleidet. Die verwendete Instrumentierung wurde sowohl künstlich-elektronisch, wie auch akustisch-natürlich gestaltet, was einen abwechslungsreichen Kontrast bildet.
Japanese Breakfast: Soft Sounds From Another Planet (Kritik ...
„Diving Woman“ verbindet Schwebeklänge mit Rhythmus-Loops. Darüber breitet Michelle lasziv gefärbten Gesang aus. Manchmal stören zerrende Gitarrenklänge wohltuend die einlullende Stimmung. „Road Head“ swingt dann karibisch-unbeschwert und sprudelt lebensfroh. Für „Machinist“ werden oft stumpf-gleichbleibende Takte verwendet, die nach dem düsteren Intro in eine bunte Popwelt überführt werden. Das instrumentale Zwischenspiel „Planetary Ambience“ entführt in eine Welt, die sowohl in Asien wie auch auf einem fremden Planeten sein könnte. Das Stück „Soft Sounds From Another Planet“ klingt durch seine Country-Folk-Vibrationen ziemlich erdverbunden und nicht unbedingt außerirdisch.

„Boyisch“ ist groß angelegter Kitsch, der jedoch so charmant verpackt ist, dass man sich gerne davon einwickeln lässt. Jugendlich-frech wird anschließend für „12 Steps“ schrammeliger Indie-Pop aus dem Hut gezaubert.
Wolkig, fragil und weich fängt „Jimmy Fallon Big!“ beruhigende Gefühle ein, während „The Body Is A Blade“ sonnengereiften Electro-Folk-Pop präsentiert. Die traurige Musical-Pop-Nummer „Till Death“ klingt wehleidig und erreicht deshalb nicht den Tiefgang, den der Titel vermuten lässt. Das klappt bei dem in sich gekehrten, mit flehendem Gesang versehenen, folkigen „This House“ wesentlich besser. Das Glockengeläut des „Here Come The Tubular Bells“ genannten Abschlusses verpasst dem Album dann ein feierliches Ende.
Für Platten wie diese wurde der Begriff solide erfunden: Grundsätzlich ist die Musik angenehm und gut durchhörbar umgesetzt worden. Das große Staunen will sich aber nicht einstellen. Statt Maßstäbe werden nur Maßstäbchen gesetzt. Viele Register wurden gezogen, um für Abwechslung zu sorgen. Aber unter der vielfältigen Oberfläche gibt es auch uninspirierte Abschnitte, denn ab und zu genügen geläufige Inhaltsstoffe, statt dass auf die Verwendung von Innovationen gesetzt wird. Der Einsatz von etwas mehr Art- und etwas weniger Mainstream-Pop hätte hier Wunder bewirken können.

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