Kitty, Daisy And Lewis - The Third (2015)

Das Geschwistertrio zündet die dritte Stufe auf dem Weg zur ganz großen internationalen Karriere. Die Ungeschliffenheit der Anfangsjahre bleibt dabei fast auf der Strecke, unterhaltsam und raffiniert sind ihre Ideen dennoch.
Die Geschwister Kitty, Daisy und Lewis Durham aus London wurden 2008 mit ihrem Debüt-Album als neue Rockabilly-Teenager-Sensation gehandelt. Im Gegensatz zu anderen Jugendlichen in ihrem Alter lieben die Musiker besonders Retro-Sounds der 40er- bis 60er-Jahre, die sie durch die Plattensammlung ihrer Eltern kennen gelernt haben. Die Musikalität wurde den jungen Multiinstrumentalisten quasi in die Wiege gelegt. Ihre Eltern, die das Familienunternehmen komplettieren und unterstützen, sind nämlich der Produzent und Gitarrist Graeme Durham und Mutter Ingrid, die einst Schlagzeugerin bei der 80er-Jahre New Wave-Girl-Group The Raincoats war und die Familienbande jetzt am Kontrabass vervollständigt.
Kitty, Daisy & Lewis the Third (Digipak) - Daisy & Lewis Kitty ...
Das Familienunternehmen suhlt sich im Sound des Rock`n`Roll, Rhythm & Blues und Rockabilly. Sie bauen zusätzlich auch Swing-, Ska-, Blues- und Soul-Elemente sowie karibische Töne in ihr Repertoire ein. Und das Ergebnis klingt trotzdem so frisch, als hätten sie diese Klänge grade erst erfunden. Zu Beginn ihrer Karriere überwogen Fremdkompositionen, wie Canned Heat`s „Going Up The Country“, die sie kreativ und teilweise skurril und/oder pfiffig neu interpretierten. Das Zweitwerk „Smoking In Heaven“ von 2011 enthielt dann nur noch Eigenkompositionen, bei denen besonders die längeren Nummern („Baby Don`t You Know“, „What Quid“, „Smoking In Heaven“) kompositorische Schwachstellen offenbarten. Und nun erscheint das bei Musikern oft als schwierig eingestufte dritte Album. Hierbei entscheidet sich nicht selten, ob die künstlerische Substanz reicht, um nachhaltig spannend und attraktiv zu bleiben, oder ob sich inzwischen Gleichförmigkeit eingestellt hat.
Kitty, Daisy & Lewis sind in den letzten Jahren auf den Bühnen der Welt von Teenagern zu Twens gereift, aber hat das auch Spuren in ihrer musikalischen Ausrichtung hinterlassen? Ja und nein. Ja, weil sie weitere Vorlieben in ihren Sound eingebaut und diesen technisch ausgefeilt haben und nein, weil sie ihre Inspiration immer noch aus dem Reservoir historischer Pop-Musik schöpfen und nicht auf aktuelle Trends aufgesprungen sind.
Die drei setzen auch dieses Mal auf Eigenkompositionen, die sie besser im Griff haben, weil sie Überlängen und langatmige Wiederholungen vermeiden. Die Arrangements sind üppig und ausgeklügelt ausgefallen. Es wird weniger auf direkte, ursprüngliche Ruppigkeit, sondern mehr auf elegante Geschmeidigkeit Wert gelegt. Die Vielfalt der Ideen ist geblieben, aber die herzhaften, stumpf rockenden Kracher wie „Polly Put The Kettle On“ oder „Mean Son Of A Gun“, die den Erstling so erfrischend klingen ließen, fehlen weitestgehend. Wer also die Erwartungshaltung hat, ein nettes Retro-Album zu hören, liegt bei „The Third“ richtig. Wer aber schweißtreibende Tanznummern gepflegter Unterhaltung vorzieht, muss eben weiterhin mit dem ersten (Referenz)-Werk der Geschwister vorliebnehmen.
Zu den herausragenden Songs gehört der stramme, selbstbewusste R&B/Pop-Verschnitt „Whenever You See Me“ sowie der Pop-Funk von „No Action“. Dass das Trio Stile virtuos mischen und variieren kann, zeigt auch die Ska-Nummer „Turkish Delight“, die mit Swing und Torch-Song-Elementen versetzt wurde. Neue Wege gehen sie auch bei „Whiskey“, einem lässigen Rock-Track, der durch flirrende Streicher das Gefühl von Weite verliehen bekommt. An ihre Anfangszeit erinnert noch der flotte Boogie-Blues „It Ain’t Your Business”, der relativ unbehandelt gelassen wurde.
„The Third“ ist in Summe eher für die Show-Bühne und weniger direkt für den Tanzboden konzipiert. Die Durhams sind auf dem Weg, eine große Entertainment-Institution zu werden, was auch durch den gelegentlichen Einsatz von Streichern unterstützt wird. Kitty, Daisy & Lewis fühlen sich dieses Mal vergleichsweise eher beim ausgewogenen Wohlklang von Motown-Soul zuhause, als beim primitiven, zupackenden Sound alter Rock`n`Roll-Helden. Das sind natürlich alles keine schlechten Referenzen, aber etwas mehr Biss und ein paar Kanten an der einen oder anderen Stelle hätte der vollen, professionellen Produktion bestimmt gut getan. Diese wurde übrigens vom ex-The Clash-Gitarristen Mick Jones vorgenommen. Unterm Strich bleibt eine sehr angenehme Retro-Show im Ohr, die Tendenzen zum Mainstream aufweist, aber aufgrund des interessanten, ungewöhnlichen Stilmix immer noch zu gefallen weiß.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Waiting For Louise - Rain Meditation (2023)

Jahresbestenliste 2023

Lesestoff: Pop steht Kopf