Paul Simon - Over The Bridge Of Time: A Paul Simon Retrospective (2013)

Braucht die Welt noch eine Werkschau des genialen Songwriters?
Diese Zusammenstellung bietet nichts und alles. Nämlich nichts Neues für den Fan und Sammler, der alle regulären Werke des Ausnahmekünstlers Paul Simon besitzt. Und alles, was ein Einsteiger zum Kennenlernen braucht.
Paul Simon - Over the Bridge of Time: A Paul Simon Retrospective ...
Es werden hier die Anfänge, die die Schulfreunde Paul Simon und Art Garfunkel als Duo bestritten haben, mit sechs Aufnahmen dokumentiert. Darunter das intime „The Sound Of Silence“. Dieses Lied hat ihre Karriere im Jahr 1967 durch den Einsatz im Film „Die Reifeprüfung“ mit Dustin Hoffman erst richtig in Gang gebracht. Dann ist natürlich ihr größter Hit, die Schnulze „Bridge Over Troubled Water“ von 1969, dabei. Aber auch das nicht tot zu kriegende, energische „The Boxer“. Erst im vergangenen Jahr konnte man davon eine gelungene Cover-Version von Mumford & Sons als Bonus Track auf „Babel“ hören. Mit der traumhaften Ballade „The Only Living Boy In New York“ ist dann noch einer der schönsten Songs von Simon & Garfunkel vertreten.
Die restlichen 14 Lieder gehören zur Solo-Karriere von Paul Simon und zeigen einen Überblick von 1972 bis 2011, der dessen enorme Wandlungsfähigkeit und außergewöhnliche Komponierkunst unter Beweis stellt. Da Simon musikalisch etliche Einflüsse verarbeitet hat, ist dies ein buntes Pop-Panoptikum mit musikalischen Ausflügen in aller Herren Länder.
Bis auf sein erstes, noch zu Simon & Garfunkel-Zeiten 1965 in London eingespieltes Solo-Album und seine Konzert-Mitschnitte von 1974 und 1991 sowie das bei Publikum und Kritik durchgefallene Broadway-Musical „Songs From The Capeman“ (1997) werden alle Arbeiten gestreift. Und wie das so ist, wenn man versucht, eine Karriere, die seit fünf Jahrzehnten andauert, auf einem Album zu präsentieren, kann das kaum alle Erwartungen zufrieden stellen. Aber bis auf das einschläfernde „American Tune“ vom Album „There Goes Rhymin` Simon“ von 1973 ist die Auswahl recht gut geglückt. Von dieser Ausnahme abgesehen ist das 20 Track starke, 80-minütige Werk jedoch mit jeder Menge unterhaltsamer und anregender Musik gespickt.
Paul Simon gehört zu den angesehensten und kreativsten Musikern der Pop-Szene. Seine Hits haben Evergreen-Charakter und viele seiner Alben kann man getrost als Klassiker bezeichnen. Teilweise hat er sogar Türen zu neuen Stilen geöffnet, wie mit der bahnbrechenden Fusion von Folk und Pop mit World-Music auf „Graceland“ von 1986. Sein milder, fließender Gesang und seine herausragende Gitarrentechnik sind neben der speziellen Gabe, eindringliche und harmonieverliebte Songs zu schreiben, weitere Eckpunkte seiner Qualitäten als Musiker.
Der sensible Künstler, der seine Jugend in Brooklyn verbrachte, hatte das Glück, durch seine Eltern musikalisch gefördert zu werden, so dass er seine Talente frei entfalten konnte. Seine Partnerschaft mit Art Garfunkel wurde ihm auf dem Gipfel des Erfolges musikalisch zu eng. Er suchte neue Herausforderungen, denen er sich mit seinen Solo-Aktivitäten konsequent gestellt hat. Seinem New Yorker Folk blieb er zwar im Kern ständig treu, variierte und modulierte diesen aber durch Beigaben verschiedenster Stile und die Einbeziehung von Folklore anderer Kulturen. Auch die Verwendung elektronischer Töne ist kein Tabu für ihn.
Pünktlich zu seinem 72. Geburtstag am 13.10.2013 erscheint nun dieser neue Überblick über das Schaffen dieses kleinen großen Mannes. Da fragt man sich: Braucht die Welt noch eine Zusammenstellung von Paul Simon-Material, wo es doch schon etliche ähnlich geartete Veröffentlichungen gibt? Schaden kann das natürlich nicht, denn Simons Musik ist zeitlos und qualitativ hochwertig. Wem dieser Überblick nicht ausreicht, der hat die Chance, sich die zeitgleich erscheinende „Complete Album Collection“ zuzulegen. Damit hat man dann alle 14 Solo-Arbeiten mit den jeweiligen Bonus-Tracks, sozusagen die Paul Simon-Vollbedienung, vorliegen. Zum Kennen- und Schätzenlernen lohnt aber auch diese Compilation. Und das Cover-Foto ist ebenfalls klasse.

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