Bonnie Prince Billy - Singer´s Grave - A Sea Of Tongues (2014)
Will Oldham covert sich selbst und erschafft dadurch köstliche Country-Gospel-Folk-Edelsteine.
Palace Brothers, Palace Music, Palace, Palace Songs, Bonnie Prince Billy - das sind alles Vehikel, unter denen der umtriebige Will Oldham seine musikalischen Visionen unter die Leute bringt. Nicht zu vergessen, seine vielen Kooperationen, unter anderem mit Matt Sweeny, den Post-Rockern von Tortoise oder Dawn McCarthy.
Der wie ein kauziger Waldschrat wirkende Melancholiker hat seinen dunklen Folk im Laufe seiner Karriere immer wieder durch Americana-Zutaten wie Country und Gospel umgemünzt. So wurden beispielsweise im Jahr 2004 für „Sings Greatest Palace Songs“ auch ältere Lieder in ein attraktives Americana-Gewand gekleidet und erhielten dadurch zusätzliche Strahlkraft und einen frischen Charakter. Jetzt hat er neun Kompositionen aus den Sessions zu seinem sparsam instrumentierten 2011er Werk „Wolfroy Goes To Town“ neu arrangiert und mit zwei neuen Schöpfungen zu einem aufgewerteten, berauschenden Hörerlebnis zusammengestellt.
Der fleißige Musiker hat eine illustre, 13-köpfige Musikerschar um sich versammelt, um seine Vorstellungen der Transformation von eigenen Ideen zu verwirklichen. Unter anderem ist Paul Niehaus an der Steel-Guitar dabei, der schon einige Kompositionen von Calexico veredelt hat. Seine verwinkelten, glitzernden Figuren haben die selbe bewusstseinserweiternde Wirkung wie es das Steel-Guitar-Gastspiel von Grateful Deads Jerry Garcia auf dem Crosby Stills Nash & Young-Meisterwerk „Déjà Vu“ von 1969 hatte („Night Noises“, „Old Match“). Der Laurel Canyon-Country Rock ist immer noch lebendig und beglückt, als wäre dieser Stil grade erst erfunden worden.
Der galante Chor, bestehend aus den McCrary-Geschwistern und Caroline Peyton, entführt in verzückte Spiritualität. Harmonie, beispielhaftes Einfühlungsvermögen und perfektes, unkonventionelles Zusammenwirken aller Beteiligten bestimmt das Klangbild. Man hört vollere und sattere Arrangements als bei den Vorlagen, die Kompositionen sind aber trotzdem sofort als Will Oldham-Songs zu erkennen. Bonnie Prince Billy und sein Produzent Mark Nevers, der schon für Lambchop tätig war, inszenieren ein überragendes, virtuoses, geschmackvolles Klima, das mit instrumentalen Leckerbissen gespickt ist.
Majestätisch entwickeln sich die gediegenen Aufarbeitungen vertrauter Schmuckstücke zu erhabenen, die Sinne betörenden Tongedichten. „So Far And Here We Are” rockt himmelstürmend und drängend. Der Meister lässt sich dabei gesanglich kaum aus der Reserve locken. Als fesselnder, charismatischer Geschichtenerzähler zeigt er sich erneut bei „There Will Be Spring“. Tief in Westcoast-Erinnerungen stöbert „Quail And Dumplings”. Der vehemente Einsatz der Geige erinnert an die durch die Hymne „White Bird” bekannt gewordene Band It`s A Beautiful Day.
Der atmosphärische Gospel-Country-Folk wird beim melancholischen „We Are Unhappy” durch Banjo und akustische Gitarre unterstützt. Der einfühlsame Chor tröstet und verheißt Seelenheil. „Whipped” lotet behutsam psychedelische Folk-Rock-Gefilde aus und überrascht mit Gänsehaut erzeugendem Harmonie-Gesang und „Mindlessness“ wuchert mit erstaunlichen kompositorischen Ideen.
Erstaunlich, dass dem bienenfleißigen Song-Poet immer noch wieder ein Kniff einfällt, um seinen Kreationen eine ungewöhnliche, unerwartete Wendung zu verleihen. Seine neuen Einfälle sind substanzvoll, rührend und traditionsbewusst. Sie gehören zu den besten Arbeiten in seiner an Höhepunkten nicht armen Karriere.
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