Emil Brandqvist Trio - Falling Crystals (2016)

Schafft das Emil Brandqvist Trio den Spagat zwischen anregender Unterhaltung und intellektueller Selbstdarstellung?
Es gilt, eine These zu widerlegen oder zu bestätigen. Nämlich: Alle sogenannten Piano-Trios, also instrumental agierende Jazz-Formationen in der Besetzung Piano, Bass und Schlagzeug, klingen nahezu identisch. So empfinden es jedenfalls viele Hörer, die nur gelegentlich solchen Klängen lauschen. Experten werden dieser Aussage wahrscheinlich sofort widersprechen. Auch das Emil Brandqvist Trio ist von der Besetzung her eines dieser traditionell besetzten Jazz-Trios. Die Musiker Emil Brandqvist (Schlagzeug), Tuomas A. Turunen (Piano) und Max Thornberg (Bass) lassen sich jedoch manchmal von anderen Künstlern, wie dem Sjöstromska String Quartett oder verschiedenen Bläsern begleiten. Die Skandinavier sind also nicht ständig puristisch unterwegs, wie viele ihrer Kollegen. Aber reicht dies aus, um Musik zu produzieren, die mehr ist als bloße intellektuelle Spielerei und das Absondern von Ego-Trips?
Emil Brandqvist: Falling Crystals (CD) – jpc
Gefühlvoll und perlend-tanzend präsentiert sich das Piano bei „While We Are Here“ in zwei übereinander gelegten Tonspuren. Schlagzeug und Streicher wickeln die Melodie in samtene Klang-Tücher ein. Die pure Schönheit der Instrumentenkombination wird so wirkungsvoll ausgekostet. Für „Soaring“ bleibt das Trio unter sich. Das Piano jubiliert und spielt hintereinander nachdenkliche Ton-Linien. Melodie und Improvisation werden bei „A Day In Memories“ nebeneinandergestellt, aber es gibt feste Haltepunkte, so dass auch der ungeübte Hörer, der vielleicht an Klassik gewöhnt ist, folgen kann. Glitzernde, klare Klavier-Akkorde werden bei „Crystals“ einem wiederkehrenden Rhythmus übergeordnet. Das Stück bekommt dann noch ein Bass-Solo spendiert und die sanfte Becken-Behandlung bringt Geräusche ein, die an einen fahrenden Zug erinnern.
Bei „Through The Forest“ und „Shine“ halten sich Klassik- und Jazz-Zitate fast die Waage. Kammermusikalisch geht es bei „The Sea Begins To Freeze“ und „Epilogue: The Oak Trees“ zu, weil das Streichquartett nicht nur den Anfang, sondern den gesamten Ablauf bestimmt. Das Piano mischt sich noch ein und versucht einen Dialog, die Stimmung bleibt jedoch aufgrund des Streicher-Einsatzes getragen. Die Romantik herrscht bei vier Kompositionen vor: „Longing“, „Across The Waters“, „Early Spring“ und „Guds Gröna Ängar“ sind beschauliche Tondichtungen, die im tonalen Bereich angesiedelt sind.
Zurück zur Eingangsthese: Piano-Trios sind nicht jedermanns Sache und viele erfüllen nur eine puristische Sichtweise, die durch übertriebene Selbstdarstellung der agierenden Musiker geprägt ist. Das Emil Brandqvist Trio passt nicht unbedingt in dieses Schema. Ihr Stil ist offener, teils der Klassik zugeneigt, teils romantisch-nachdenklich geprägt. Abgehobene Improvisationsstrecken sind relativ selten, so dass die Bindung zur Harmonie nicht verloren geht. Die Zusammenarbeit mit anderen Musikern sollten die Jazzer durchaus noch weiter ausbauen, denn das steht ihnen gut, weil diese Gastauftritte gleichberechtigt eingebunden werden. Eine solche Ausrichtung wird zu ihrer Stil-Abgrenzung beitragen und damit dazu führen, das Genre weiter aufzuknacken.

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