Poem: Leonard Cohen In Deutscher Sprache (2014)

Leonard Cohen wird am 21. September 80 Jahre alt. Zu seinen Ehren wurde ein 21 Jahre altes Projekt endlich verwirklicht. Jetzt gibt es 17 seiner Songs in einer deutschen Übersetzung.
Schon im Jahr 1993 entstand die Idee für dieses Vorhaben. Damals wollte der Übersetzer der Texte von Leonard Cohen, Misha G. Schoeneberg, dass diese ausschließlich von Rio Reiser vertont werden sollten. Daraus wurde leider aufgrund des frühen Todes von Rio im Jahre 1996 nichts. Jetzt hat Herr Schoeneberg sein Projekt als musikalischer Leiter von „Poem“ zum 80. Geburtstag von Leonard Cohen wieder aufleben lassen: 17 Cohen-Lieder wurden dafür von deutschsprachigen Künstlern interpretiert.
Poem-Leonard Cohen in Deutscher Sprache - Various: Amazon.de: Musik
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Dadurch, dass es keine Vorgaben für die Umsetzung gab, ist das Ergebnis wahrscheinlich nicht so homogen, wie es durch die Aufarbeitung eines einzelnen Musikers geworden wäre. Isoliert betrachtet können nämlich nicht alle Ansätze gleichwertig überzeugen. Manchmal besteht eine zu ehrfurchtsvolle Näherung an den Charakter der Originale. Andere Aufführungen entwickeln auch gerade wegen der reizvollen Übersetzung ein ganz neues Eigenleben. Besonders ragt dabei Reinhard Meys Fassung von „Famous Blue Raincoat“ heraus. Sie ist sowohl aufrecht, wie auch demütig und wurde in ein sensibles, frankophiles Gewand gekleidet, wobei Manfred Leuchters Akkordeon den Hauptaspekt zu dieser Stimmungslage beiträgt. Auch die innige, brüchige Sichtweise auf „The Partisan“ von Max Prosa besitzt Tiefgang. Das freundlich-erzählende „Einer Von Uns Muss Sich Irren“ von Anna Loos hat einen speziellen Charakter, der an eine Light-Version von Marianne Faithfull denken lässt. Nüchtern und distanziert berichtet Tim Bendzko von der „Geschichte Isaaks“ und wählt dazu eine geschmackvolle, geschmeidig-elastische Begleitung. Intensiv-folkig wird es bei „Die Frau Des Wanderers“ von Johannes Oerding und rumpelnd-balladesk legt Jan Plewka „Dance Me To The End Of Love“ aus. Selbst Nina Hagen hält sich für „Am Dunklen Fluss“ mit ihrer ansonsten üblichen zickig-übertriebenen Selbstdarstellung zurück und präsentiert einen überzeugenden düsteren Folk-Rock.
Die Fehlfarben gehen allerdings recht hölzern mit der Vorlage von „Democracy“ um und Peter Maffay bleibt eben Peter Maffay. Bei seinem plumpen Mainstream-Stadion-Rock findet keine Annäherung an den Künstler statt. Viele Köche verderben den Brei als Beautiful Losers. Fast alle Beteiligten versuchen sich unter diesem Namen gemeinsam an der Hymne „Hallelujah“, die schon ergreifend von solchen musikalischen Helden wie John CaleRufus WainwrightWillie Nelson oder Jeff Buckley umgesetzt wurde. Diese Version gleicht eher einem Gemischtwarenladen, bei dem die Auslagen nicht dem Geschäftszweck dienen.
An dieser Hommage kann man sich vortrefflich reiben. Man kann sie aber auch einfach nur als willkommene Idee, die komplexe Ausdrucksweise von Leonard Cohen ins Deutsche zu übertragen, stehenlassen. Misha G. Schoeneberg verfolgte das Prinzip, dass seine Übersetzungen so klingen sollten, als wären sie das Original. Er konnte dabei eine eigene Ästhetik entwickeln, denn Cohens Worte verlangen keine endgültige Verbindlichkeit. Wenn man „Poem“ vorbehaltlos auf sich wirken lässt, wird man einige würdige, gelungene Cover-Versionen entdecken, die für sich selbst stehen.

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