The Limiñanas - Malamore (2016)

Nachhilfe für zu spät Geborene: Die Franzosen geben Unterricht für Garagen-Rock in Verbindung mit psychedelischer Musik und New-Order-Groove.

Hierzulande ist das französische Duo The Limiñanas noch relativ unbekannt. Dabei ist „Malamore“ schon das vierte Album der Retro-Rocker. Marie (Schlagzeug und Gesang) und Lionel (Gitarre, Bass, Keyboards und Gesang) stammen aus dem in Süd-Frankreich gelegenen Cabestany und haben sich grundsätzlich einem rumpeligen Garagen-Rock verschrieben, den sie zwischendurch mit ihrer Liebe zum Sound von New Order verbinden. So ist es ihnen tatsächlich gelungen, deren Peter Hook für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Für „Garden Of Love“ trägt er Bass und Background-Gesang bei. Der Titel des neuen Albums bezieht sich übrigens auf einen italienischen Film, bei dem es um besessene, unerwiderte Liebe geht.
Gleich im Intro „Athen I.A“ wird die melodisch-präsente Bass-Arbeit von New Order mit einem Orgel-Teppich aus dem Garagen-Rock-Bereich, geisterhaften Stimmen und einer Singer/Songwriter-Gitarrenbegleitung vereint. „El Beach“ wird in Französisch gesungen, beziehungsweise gesprochen. Das Piano ist auf eine Ein-Akkord-Begleitung, wie sie von den Stooges bekannt ist, eingestellt, und Saiteninstrumente übernehmen Weltmusik-Stimmung, zu der exotische Stimmen ertönen.
Sitar-ähnliche psychedelische Einwürfe treffen bei „Prisunic“ auf einen Garagen-Beat. Die kalifornischen The Seeds oder 13th Floor Elevators haben dafür Modell gestanden. Darüber wird wieder französischer Sprechgesang gelegt. Bei „Garden Of Love“ steht der stumpfe Takt im Kontrast zu anmutigem, weiblichem, geflüstertem Sprechgesang. Der pumpende Bass und Pop-Gesangsschübe vervollständigen das Klangbild.
Akustische und elektrische Gitarren streiten bei „Malamore“ um die Vorherrschaft. Die sägenden Fuzz-Gitarren gewinnen. Der monotone Rhythmus erinnert dabei an Velvet Underground. Schwüles Wüstenfeeling prägt dann das kurze, abgewürgte Instrumentalstück „El Sordo“. Lasziver Pop, Exotik und stumpfe Rock-Takte treffen bei „Dahlia Rogue“ zusammen und bilden eine rauschhaft-phantasievolle Verbindung. In gemächlich schreitendem Gang bewegt sich „The Dead Are Walking“ vorwärts. Garagen-Dreck und Pop-Eleganz bilden hier eine seltsam hypnotische Einheit.
Peitschende Wah-Wah-Gitarren, Orgel-Töne mit einem Akkord, Computer-Drums und improvisierende Saiteninstrumente umgarnen den Beat von „Kostas“. Der Sprechgesang bremst hier den Schwung. Psychedelische Gitarren bilden den Boden, auf dem die strammen Drums, der Monolog und die exotischen Saitenklänge bei „Zippo“ wandeln. Dream Pop, Psychedelic Pop und Easy Listening mit Weltmusik-Beigaben: Das sind die Bereiche, die „Paradise Now“ abdeckt. Die verheißungsvollen Background-Stimmen sorgen für Prickeln und Knistern. Psychedelic-Funk und Improvisationen werden dann zum Schluss beim Instrumentalstück „The Train Creep A-Loopin`“ geboten.
Der Retro-Gedanke des französischen Duos lässt einen Sound entstehen, den es in dieser Verbindung nicht so oft zu hören gibt. Der Garagen Rock der 60er-Jahre trifft stellenweise auf metallischen, wilden, stupiden Punk und erhält atmosphärische Verfeinerungen aus dem Psychedelic Rock und grenzüberschreitendem Wüstenrock. Marie bringt dann gesanglich noch charmant-sinnlichen frankophilen Pop ein. In Summe ist das immer dann verführerisch, wenn sich die Franzosen entschließen, zu diesem Konstrukt auch zu singen. Wenn sie nur Sprechgesang beitragen oder Texte rezitieren, ist das höchstens die zweitbeste Lösung, dieser Musik gerecht zu werden und das Ergebnis kann eventuell als unrund empfunden werden.

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