Verborgene Plattenschätze: Jackson C. Frank – Jackson C. Frank (1965)
Die Biographie des Folk-Sängers JACKSON CAREY FRANK ist
durchzogen von persönlichen Katastrophen und Rückschlägen, was sicher
Auswirkungen auf seinen melancholischen Sound hatte, aber auch die Leidenschaft
seiner Kunst geprägt hat. Ja, er hat den Blues erlebt und berichtet in seiner
Musik von den Schattenseiten des Lebens, die sich bei ihm schon früh gezeigt
haben. Als Kind erlitt er bei einem Feuer in seiner Schule schwere
Verbrennungen. Ein Heizkessel war explodiert und es wurden dabei 15 Mitschüler
getötet. Jackson lag nach dem traumatischen Vorfall 7 Monate im Krankenhaus und
lernte in dieser Zeit Gitarre spielen. Große Einschnitte begleiteten sein
weiteres Leben. Als sein einziger Sohn starb, litt er schon unter Depressionen.
Dieser Vorfall warf ihn dann total aus der Bahn und er lebte danach jahrelang
in der Psychiatrie oder auf der Straße. In dieser Zeit verlor er auch noch sein
linkes Auge, weil er in die Schusslinie einer Schrotflinte geriet. 1999 starb
er nach einem Herzinfarkt mit nur 56 Jahren.
Zwischendurch schien es so, als würde seine musikalische
Karriere Fahrt aufnehmen können. Mitte der 60er Jahre zog er nach London und
teilte sich dort mit dem ebenfalls grade ausgewanderten Folk-Sänger PAUL SIMON
eine Wohnung. SIMON war es auch, der 1965 das jetzt als Wiederveröffentlichung vorliegende
Album des damals 21jährigen Barden in weniger als 3 Stunden produzierte. Außer
einem Achtungserfolg in Großbritannien schlug die LP trotz ihrer
offensichtlichen Qualitäten keine großen Wellen. Aber andere Künstler – nicht
zuletzt sein Zimmergenosse PAUL SIMON– wurden auf Basis seiner Ideen bekannt
oder sogar berühmt.
Auch wenn der Vergleich inflationär gebraucht wird, macht er
hier doch Sinn: JACKSON C. FRANK erlangt in seinen besten Momenten durchaus die
Intensität eines NICK DRAKE. Das liegt zum Einen an der Qualität seines
Materials und zum Anderen an der Art seines Gesangs. Wie DRAKE oder FRED NEIL
oder auch TIM BUCKLEY dehnt er manchmal
das letzte Wort eines Verses und erzeugt dadurch eine Schwingung, die seine Verbundenheit
mit der Musik unterstreicht und betont. Man bedenke: Mr. Frank begleitet sich fast
durchweg nur an der akustischen Gitarre. Nur auf YELLOW WALLS ist AL STEWART im
Hintergrund zusätzlich an einer Gitarre zu hören. Ansonsten gibt es keine
Begleitmusiker, keine Overdubs und keine Effekte.
Da braucht man als Hörer
Durchhaltevermögen, denn wenn die Songs nicht spannend präsentiert werden,
tritt bei dieser Vorgehensweise leicht Langeweile auf. Der Gratmesser der
Qualität ist in solch einem Fall also die Energie und Attraktivität des Gesangs
sowie die Fähigkeit, Worte durch die sparsame Instrumentierung wirkungsvoll zu
unterstützen. Vor allem ist es aber die Substanz der Kompositionen, die zählt. Da
fehlt es bei JACKSON C. FRANK an nichts. Natürlich wirken die Songs bei Hörern,
die eine Vollbedienung an unterschiedlichen Tönen gewöhnt sind, eher wie Demos.
Es wäre wirklich interessant, die Lieder in Bandfassungen zu hören, aber sie
verströmen auch so ihr sanftes, verführerisches Gift.
Zwar steht das Stück BLUES RUN THE GAME mit seiner
bedeutsamen Innigkeit als Synonym für das Gesamtwerk des Künstlers, jedoch hat
der vorliegende, beinahe untergegangene Schatz noch viel mehr zu bieten.
Bis
auf DON`T LOOK BACK werden alle Einspielungen von feinfühligem Gitarren-Picking
umkränzt. Nur bei diesem Titel werden die Akkorde harsch angeschlagen und somit
weist er aggressiv-angreiferische Momente aus. Es ist eben ein Protestsong.
MILK AND HONEY gehört zu den lieblichsten Kompositionen des Folk-Genres und
wird, wie alle Songs hier, mit dunkler Stimmung und ohne Zuckerguss
präsentiert. Das ist Melancholie mit Haltung. MY NAME IS CARNIVAL sticht
ebenfalls durch eine unwiderstehliche Melodie heraus. TIM BUCKLEYS Frühwerk
hört sich wie von I WANT TO BE ALONE (DIALOGUE) und JUST LIKE ANYTHING beeinflusst
an. Hört man YOU NEVER WANTED ME, muss man unwillkürlich an GORDON LIGHTFOOT
denken und YELLOW WALLS scheint Pate bei NEIL YOUNG´s POCAHONTAS gestanden zu
haben. JACKSON C. FRANKs Einflüsse sind also omnipräsent. Er war demnach direkt
und indirekt Wegbereiter für einige Songwriter. Bei NICK DRAKE ist das durch 4
Demos von J.C. FRANK-Songs belegt, die posthum auf FAMILY TREE veröffentlicht
wurden. SANDY DENNY, mit der Jackson kurz liiert war und die durch seinen
Zuspruch erst Profi-Musikerin wurde, nahm sein MILK AND HONEY auf. Ihre Trennung hat er im Song SHE NEVER
WANTED ME reflektiert. PAUL SIMON hat zusammen mit ART GARFUNKEL eine schöne
Version von BLUES RUN THE GAME vertont.
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